Zu dritt, also gemeinsam als Familie, dürfen wir nur den Nachmittag verbringen. Um beide gleich viel Zeit mit Elina verbringen zu können wurde es zur Routine uns immer nach ein paar Nächten abzuwechseln. Am Montag, den 6. März, überschlugen sich die Ereignisse. Marco hatte bei Elina geschlafen und informierte mich am Vormittag, das Elina nur noch ihre rechte Körperhälfte bewegen konnte, er hat die Pflege und die Ärzte bereits informiert und es wurde ein MRT angemeldet, jedoch erst für 13:30 Uhr. Bei Babys wird diese Untersuchung meist in Sedierung durchgeführt, da man hier mindestens 30 Minuten ruhig liegen bleiben muss. Für eine Sedierung muss man 4 Stunden nüchtern sein da sonst Mageninhalt in die Luftröhre fließen könnte - darum war der Termin so spät. Ich beeilte mich, um davor schon bei ihr zu sein und auch, um mir selbst einen Überblick über ihren Zustand zu verschaffen. Als ich endlich bei meine zwei Liebsten im Zimmer angekommen war, sah ich mehrere Ärzte um ihr Bett herum stehen, dieser Anblick löst immer wieder großes Unbehagen in mir aus. Als ich Elina beobachtete und sie mich anlächelte, wusste ich sofort was los ist.
Mein Kind hat einen Schlaganfall. Ihr linker Mundwinkel bewegte sich beim Lächeln nicht mit. Ihre linke Körperhälfte war fast schlaff, hatte wenig Muskeltonus, man merkte Elina an, dass sie sich ärgern musste, dass ihr Körper nicht tut, was sie will.
Wir durften Elina ins MRT begleiten, ich durfte sie auf die Liege legen, ihr wurde die Sedierung durch ihren ZVK gespritzt und ich beobachtete wie sie einschlief. Anschließend wurden wir in den Warteraum gebracht, es wurde uns gesagt das es ungefähr 30 Minuten dauern würde, eventuell 10 Minuten länger wenn noch mehr Bilder von dem Radiologen gewünscht werden. Wie immer bei diesen Wartezeiten vergingen Minuten wie Stunden, nervös lief ich im Wartezimmer auf und ab. Da ich ja schon mit einem Gefäßverschluss rechnete, hatte ich noch Hoffnung, dass es nur ein kleiner Verschluss war. Die Minuten verstrichen, 30 Minuten, dann 40, dann 50, wir beobachtete wie immer mehr Ärzte ins MRT gelaufen kamen, ich hatte Angst das es zu Komplikationen bei der Sedierung gekommen ist. Nach 60 langen Minuten kam ein Arzt zu uns und sagte uns, dass man in der Bildgebung einen Thrombus im Gehirn erkennen kann und sie sofort auf die Intensivstation verlegt werden muss. Es wird auch ein Platz auf der Intensiv in einem anderen Krankenhaus organisiert auf die sie schnellstmöglich verlegt werden muss, ein Notarzt wurde über die Verlegung informiert und war auch schnell zur Stelle, aber der Rettungswagen ließ auf sich warten. da uns auch gesagt wurde das der Verschluss noch relativ frisch aussieht, gibt es eine große Chance auf eine Lyse. Eine Lyse ist eine starke Blutverdünnung, die das Ziel hat den Thrombus aufzulösen, bevor er bleibenden Schaden im Gehirn hinterlässt, dafür hat man aber nur 4,5 Stunden Zeit.
Um 16:30 Uhr sind wir endlich im richtigen Krankenhaus angekommen, man muss schon sagen, das die beiden Krankenhäuser keine 2 Minuten voneinander entfernt sind. Diese lange Zeitspanne, bis zum Eintreffen bei der wirklich behandelnden Stelle, machte mich nervös, es ging ja schließlich um Zeit, darum, schnellstmöglich zu handeln.
Auf der Intensiv wurde ich aus dem Zimmer geschickt, ich hasse es, aus dem Zimmer gehen zu müssen. Ich verstehe es, und gleichzeitig verstehe ich es überhaupt nicht. Elina, Marco und ich haben schon so viel durchgemacht, Marco und ich haben schon so viel gesehen und Elina in wirklich schwierigen Situation gesehen, uns bringt nichts so leicht aus der Fassung. Da nur ich bei der Verlegung mit der Rettung mitfahren durfte, nutze ich die Gelegenheit und rief Marco an, sagt ihm das er kommen soll und wo wir uns aufhielten.
Gegen 17 Uhr war Marco da und die Ärzte klärten uns darüber auf, dass wir noch einmal ein MRT machen müssen, weil das von 13:30 zu alt sei, um davon Entscheidungen über die weitere Abhandlung treffen zu können. Okay, also nochmal Sedierung. Innerlich wusste ich, dass die Zeit bereits abgelaufen ist.
Bei dieser Untersuchung durften wir dabei sein, ich hielt meinen Kopf zu Elina in die MRT -Röhre, legte meine Hand auf ihre Brust damit sie mich spürte, und redete mit ihr, obwohl wir beide Kopfhörer trugen - das MR ist nämlich wirklich sehr laut. Es dauerte wieder eine Stunde und Marco durfte draußen bei den Radiologen stehen und mit ihnen die Bilder anschauen, er erzählt mir später, wie fasziniert er davon war, wie genau die Gefäße dargestellt werden konnten. Am Weg zurück ins Zimmer sagte uns die Intensivmedizinierin, dass es so aussieht als hätte der Verschluss jetzt einen bleibenden Schaden hinterlassen. Ich wurde wütend, ich wurde soooo wütend, Ich spürte wie mein Blut zu kochen begann, soviel Zeit war bis jetzt vergangen und es wurde nichts unternommen, warum wurde nicht schon viel früher mit einer Lyse begonnen? Soviel fragen, und wieder einmal keiner da, der sie mir beantworten konnte.
Eine Neurologin wurde zu uns ins Zimmer geschickt, sie erklärt uns das es normalerweise 3 Möglichkeiten gibt einen Schlaganfall zu behandeln, die erste Möglichkeit ist eine Lyse - für die jetzt aber schon zu viel Zeit vergangen war, außerdem hat diese auch ziemlich viele Nebenwirkungen wie z. B. eine Hirnblutung, die noch mehr Schaden anrichten würde und das will man natürlich nicht riskieren. Die 2. Möglichkeit wäre eine Thrombektomie, hier würde mit eine Katheter, der Thrombus aus dem Gefäß gezogen werden, dieser Eingriff wäre aber bei einem Herzkind in diesem Alter zu gefährlich. Die 3. und letzte Möglichkeit ist den Thrombus mit Heparin aufzulösen und somit einen noch größeren Schaden zu verhindern - für diese Methode wurde entschieden.
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