Endlich ist eine Entscheidung über Elina's weitere Therapie gefallen. Nach wirklich langen 77 Tagen Wartezeit. Das Ergebnis aus der Untersuchung aus London zeigte, dass ein Defekt an den Stammzellen vorliegt. Es wird also eine Stammzelltransplantation erfolgen müssen. Wir hatten eigentlich darauf gehofft, diese umgehen zu können da dieser Weg der Therapie schon sehr hart sein kann.
Die meisten Menschen denken, dass eine Stammzelltransplantation nur bei Krebs, meistens Leukämie, benötigt wird. Leider gibt es auch viele andere Krankheiten, die nur durch eine Stammzelltransplantation geheilt werden können, wie z. B. verschiedenste Immundefekte.
Eine Stammzelltransplantation hört sich immer so einfach an, aber wenn man sich das mal etwas genauer ansieht, sieht man, dass diese eine der schwerwiegendsten Therapien ist. Eine Therapie, vor der ich jetzt schon sehr große Angst habe.
Die Konditionierung
Für diese Art der Transplantation muss im Vorhinein das gesamte Knochenmark zerstört werden, dies geschieht durch eine Chemo. Eine Chemo die vielfach stärker ist als eine Hochdosischemo. In diesem Setting nennt man die Chemo "Konditionierung". Die Konditionierung startet in der Regel 7 Tage vor der eigentlichen Transplantation und besteht aus mehreren verschiedenen Chemotherapeutika und Antikörpern. Für jeden Patient wird diese Therapie individuell an Dauer und Dosis angepasst. Würde man 7 Tage diese Chemobomben bekommen und dann KEINE neuen Stammzellen, würde man das nicht überleben.
Für die Konditionierung und die anschließende Stammzelltransplantation benötigt man außerdem einen langfristigen zentral venösen Zugang (ZVK), dieser wird auch für die tägliche Blutabnahme benötigt.
Durch die Chemo wird das Knochenmark zerstört und somit auch die blutbildenden Zellen, also benötigt man regelmäßig Blutkonserven in Form von Erythrozyten und Thrombozyten. Jede Verabreichung von Fremdblut kann auch schwere Nebenwirkungen haben. Genauso wie die Chemo einiges an Nebenwirkungen mit sich bringt. Angefangen von Übelkeit, Haarausfall, Schleimhautblutungen, Durchfall und Hautausschlägen über wirklich schwerwiegende Organschäden. Diese Nebenwirkungen der Chemo erwartet man ca. 7-14 Tage nach der Transplantation. Sie werden mit starken Schmerzmitteln behandelt. Um die Reizung der Schleimhäute so gering wie möglich zu halten und da die meisten Patienten auch keinen Appetit haben, wird man über die Vene ernährt. Langfristig kann es zusätlich noch zu Unfruchtbarkeit kommen und auch die Wahrscheinlichkeit an Krebs zu erkanken steigt.
Die Stammzellentransplantation an sich ist der unspektakulärste Part, hier laufen die neuen Zellen über einen Infusionsbeutel innerhalb weniger Minuten in den Körper hinein. Jedoch trotzdem ein ganz besonderer Tag, ein Tag, der wie ein zweiter Geburtstag jahrlang gefeiert wird.
Der Ablauf
Wenn man neue Stammzellen benötigt, zählt man in Tagen. Tag -7 ist der Start der Konditionierung, dann zählt man jeden Chemotag abwärts bis man bei Tag 0, der Tag der Transplantation, angelangt ist. Und ab jetzt zählt man aufwärts. So vergehen Tag für Tag, ungefähr ab Tag +15 (hier gibt es Unterschiede ob Stammzellen aus Knochenmark oder aus dem Blut verabreicht werden) erwartet man sich die erste Regneration der Blutwerte. Hier sollten auch schon der Höhepunkt der Nebenwirkungen vorbei sein. An Tag +28 findet eine Knochenmarkspunktion statt, hier wird kontrolliert ob die Stammzellen aus den Zellen des Spenders bestehen. Es kommt immer auf die Regeneration der Blutwerte an, dann darf man ab diesem Tag auch das erste Mal das Zimmer verlassen. So hantelt man sich weiter. Bis zu dem Tag, an dem das erste Mal das Krankenhaus für den Nachmittag verlassen werden darf. Schritt für Schritt werden die Ausgangszeiten geweitet und dann steht auch schon die erste Nacht im Ronald McDonald Haus an und somit wird man zum ambulanten Patienten. Hier enden die täglichen Blutabnahmen und man muss jetzt 2-3 mal die Woche auf die Ambulanz zur Blutabnahme gehen. Natürlich ist dieses Vorhergehen immer abhängig von den Werten und Allgemeinzustand! Läuft alles gut, werden die Kontrollen auf 1x wöchentlich ausgeweitet und man darf endlich nach Hause fahren. An Tag +100 wird wieder eine Knochenmarkspunktion gemacht, um die Entwicklung zu beobachten. Wenn diese unauffällig ist, werden die Kontrollen wieder weiter ausgeweitet und man hat eventuell die Chance, die Blutkontrollen in einem Krankenhaus in seiner Umgebung durchzuführen, bis zu diesem Tag werden auch noch sehr viele Medikamente genommen, Antibiotika, Prophylaxen gegen Viren und Pilze und Immunsuppressiva, diese sind ganz wichtig um das Immunsystem zu unterdrücken, fährt diese nämlich zu schnell hoch, kann es zu einer der häufigsten Nebenwirkungen der Stammzellentransplantation kommen - die GVHD. Die nächste anstehende Knochenmarkspunktion ist dann erst am Tag +365 geplant.
Die GVHD
Graft-versus-host-Disease. Auf deutsch: Das Transplantat arbeitet gegen den Empfänger. Diese kann man in Akut und Chronisch einteilen. Bei der akuten GVHD kommt es zu Reaktionen an der Haut in Form von Hautausschlägen, des Darmes in Form von Durchfall und der Leber in Form von Gelbsucht oder Leberversagen. Bei der chronischen Form, die viel schwieriger zu behandeln ist kommt es zusätzlich auch zu Abstoßungsreaktionen von Organen wie Lunge oder Darm. Diese Reaktionen müssen jahrlang behandelt werden.
Anmerkung: Dies ist mein Wissen, zum Teil aus Arztgesprächen, Geprächen mit Betroffenen und Selbstrecherche. Jede Transplantation ist anders, jedes Krankenhaus behandelt individuell, dies ist ein Ansatz für unsere Behandlung!
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